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Die Regisseurinnen über den Film / Jurybegründung Leipzig / Rezension von Batya Gur

Die Regisseurinnen über den Film
Als israelische Regisseurinnen, die die zunehmenden Folgen der Unterdrückung in den besetzten Gebieten und in unserer eigenen Gesellschaft leid sind, wollten wir die Willkür der Besatzung schildern, wie sie sich durch die vergitterten Fenster eines besetzten Hauses darstellt, um den schmalen Grad zwischen einem Lächeln und einem Schuß zu zeigen. Die Intimität und Zuneigung, die sich während der einjährigen Dreharbeiten zwischen uns und Najwa, Nawal und Shiam entwickelt hat, machte es uns möglich, sie in ihrer ganzen Menschlichkeit, als echte Frauen, weit entfernt von dem stereotypen Bild, das unsere Gesellschaft von palästinensischen Frauen hat, zu zeigen. (Anat Even &  Ada Ushpiz)


Die Begründung der Jury des Internationalen Film Festivals Leipzig
Die Internationale Jury für Dokumentarfilm vergibt für Dokumentarfilme und -Videos/Langmetrage eine Goldene Taube in Verbindung mit 10.000 DM an den Film  

Eingeschlossen
von Anat Even und Ada Ushpiz (Israel) Asurot
für die genaue Beobachtung eines Mikrokosmos im israelisch-palästinensischen Konflikt. Das Porträt dreier Frauen im doppelten Belagerungszustand von Okkupationsarmee und Männergesellschaft läßt in einer hoffnungslosen Situation für einen Moment die Utopie selbstbestimmten Lebens aufscheinen.

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Tote Momente - von Batya Gur für Ha'aretz, April 2002
[...] Die Tatsache, dass dieser Film, der das Leben dreier palästinensischer Witwen dokumentiert, im israelischen Fernsehen gezeigt wird, ist in diesen Tagen [der Belagerung palästinensischer Städte durch die israelische Armee, I.N.] eine sehr ermutigende Geste. Wo es so oft scheint, als würden unsere eigenen Sorgen uns den Blick für die anderen Menschen verlieren lassen, die unfreiwillig und ohne im geringsten gesündigt zu haben als Opfer der jüdisch-palästinensischen Tragödie leben.

In dem Film konzentrieren sich die beiden Künstlerinnen sich auf das unerträgliche Leiden von Shiam, Nawal und Najwa, jungen Witwen mit kleinen Kindern, die im Herzen Hebrons leben, in einem Gebäude, das nach dem Rückzug der israelischen Armee aus Hebron 1997 eine Metapher der „Situation“ geworden ist: Das Gebäude steht genau auf der Grenze, seine Vorderseite ist unter israelischer Kontrolle und die Palästinensische Autonomiebehörde ist für die Rückseite verantwortlich.

Mit außergewöhnlichem Einfühlungsvermögen konzentriert sich die Kamera in diesem Film auf alltägliche Situationen der drei Frauen: wie wenn die israelischen Soldaten die Treppen ihres Hauses hinaufsteigen und auf dem Dach verweilen (und es oft schmutzig machen, was die Frauen ärgert). Dieser Film setzt sich nicht nur mit israelischer Ungerechtigkeit auseinander, sondern auch mit der Art, wie die palästinensische Gesellschaft Frauen unterdrückt. Diese drei Frauen – eine von ihnen war 24 Jahre alt, als der Film gedreht wurde – haben keine Zukunft. Sie sind dazu verdammt, allein zu leben, ihre Kinder allein großzuziehen und keine emotionale Rettung zu erwarten. Sehr offen enthüllen sie den Filmemacherinnen ihre Verzweiflung – mehr die Verzweiflung, die sie innerhalb der palästinensischen Gesellschaft fühlen, als die die durch die Besatzung verursacht wird – und sprechen über den Status als Ausgediente, den sie in der Welt, in der sie leben, haben. Die Kamera übernimmt die Rolle, die Besatzung mit Respekt für die Frauen, die so abgehärtet über sie sprechen, zu dokumentieren. Aufnahmen der Kinder, die Platz für die Soldaten machen, wenn sie die Treppen hinaufsteigen erregen Unwohlsein und zwei Szenen, in denen die jüdische SiedlerInnen direkt vor dem Haus tanzen machen wütend. Diese Szenen legen die Essenz der arroganten Rohheit der religiösen Juden, die jeden Vers darüber kennen, anderen nicht zuzufügen was abscheulich ist, offen und die so entrüstend ist.

Durch die eisernen Fenstergitter sehen die Frauen zu. „Die Juden haben die Torah, die Gott ihnen gegeben hat, geändert“, sagt eine von ihnen beim Anblick der tanzenden Siedler (ein anderes Mal sagt sie es vor der Kulisse der Schüsse der Soldaten) „und sie ihren Bedürfnissen angepaßt“.

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